Nachdem die Regierung wegen COVID-19 beschlossen hat,
dass diejenigen Geschäfte geschlossen bleiben sollen, die nicht zum notwendigen
täglichen Bedarf gehören, stellt sich die Frage, ob Mitarbeiter der betroffenen
Geschäfte trotzdem weiterhin Arbeiten müssen, auch wenn keine Kunden mehr da
sind?
Antwort:
Es besteht kein allgemeines Recht des Arbeitnehmers, bei Ausbruch einer Erkrankungswelle wie COVID-19 der Arbeit fernzubleiben. Für das Eingreifen eines Leistungsverweigerungsrechts wäre es erforderlich, dass ihm die Erbringung seiner Arbeitsleistung unzumutbar ist (§ 275 Abs. 3 BGB). Eine Unzumutbarkeit ist z. B. dann gegeben, wenn die Arbeit für den Betroffenen eine erhebliche objektive Gefahr oder zumindest einen ernsthaften objektiv begründeten Verdacht der Gefährdung für Leib oder Gesundheit darstellt. Das bloße Husten von Kollegen ohne weiteren objektiv begründeten Verdacht oder Anhaltspunkte für eine Gefahr wird dafür wohl nicht ausreichen.
Was ist, wenn den Mitarbeitern etwas auf der Arbeit
passiert?
Ist der Beschäftigte infolge einer Infektion mit dem
Coronavirus arbeitsunfähig erkrankt und somit an seiner Arbeitsleistung
verhindert, besteht ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall für
den Zeitraum von sechs Wochen gemäß § 3 EFZG. Nach diesem Zeitraum haben
gesetzlich Krankenversicherte grundsätzlich Anspruch auf Krankengeld.
Der Ablauf ist ein anderer, wenn gegen den am Corona-Virus erkrankten Arbeitnehmer zugleich nach § 31 Satz 2 Infektionsschutzgesetz (IfSG) ein berufliches Tätigkeitsverbot angeordnet worden ist. Denn dann steht der Entgeltfortzahlungsanspruch mit dem Entschädigungsanspruch des Arbeitnehmers infolge des Tätigkeitsverbotes nach § 56 Abs. 1 IfSG in Konkurrenz. Danach wird derjenige, wer als Ausscheider einer Infektion, als Ansteckungsverdächtiger, als Krankheitsverdächtiger oder sonstiger Träger von Krankheitserregern im Sinne des § 31 Satz 2 IfSG einem Verbot der Ausübung seiner Arbeitstätigkeit unterliegt, vom Staat in Höhe seines Verdienstausfalls für die Dauer von sechs Wochen entschädigt. Dies ist so in § 56 Abs. 2 und Abs. 3 IfSG geregelt.
Dabei tritt der Arbeitgeber in Vorleistung, ist also
quasi „Auszahlstelle“ für den Staat gemäß § 56 Abs. 5 Satz 1 IfSG. Die
ausgezahlten Beträge werden vom Arbeitgeber auf Antrag bei der zuständigen
Behörde (in Nordrhein-Westfalen und den meisten anderen Bundesländern sind dies
die Bezirksregierungen) erstattet gemäß § 56 Abs. 5 Satz 2 IfSG. Die Erstattung
erfolgt aber nur auf Antrag des Arbeitgebers. Ist der Arbeitgeber entgegen der
gesetzlichen Pflicht nicht in Vorleistung getreten, kann auch der Arbeitnehmer
diesen Antrag stellen gemäß § 56 Abs. 5 Satz 3 IfSG.
Nach h.M. geht wegen der öffentlich-rechtlichen
Zwangswirkung das infektionsschutzrechtliche Beschäftigungsverbot der Erkrankung
des Arbeitnehmers vor. Das gilt natürlich nur dann, wenn ein solches
Beschäftigungsverbot in Bezug auf einen – erkrankten – Arbeitnehmer
ausgesprochen worden ist. Dann soll es am Entgeltfortzahlungsanspruch fehlen,
weil die Erkrankung nicht monokausal für den Ausfall der Arbeitsleistung war
(so sieht es beispielsweise auch Greiner in Münchener Handbuch zum
Arbeitsrecht, Band I, 4. Auflage 2018, § 80 Rn. 41, nicht unumstritten).
Besteht lediglich der Verdacht auf eine Ansteckung,
besteht auch hier ein Entschädigungsanspruch gem. § 56 Abs. 1 Satz 1 IfSG, wenn
ein behördliches Beschäftigungsverbot nach § 31 IfSG angeordnet worden ist. Das
Tätigkeitsverbot kann sich auf einzelne Arbeitnehmer oder behördlich definierte
Gruppen beziehen.
Diese Ausführungen sollten Ihnen einen groben Überblick über
einzelne Fragestellungen im Zusammenhang mit dem Corona-Virus geben.
Selbstverständlich stehen wir Ihnen für die Beantwortung konkreter Fragen gerne
zur Verfügung.